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Seitenname:Peter Bofinger über Staatsverschuldung
Seitentitel:Peter Bofinger über Staatsverschuldung
Letzte Aktualisierung:30.07.2015
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Peter Bofinger über Staatsverschuldung und den Unsinn einer Schuldenbremse

Querdenken mit Peter Bofinger

Im Mörike-Gymnasium referierte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger über die Schuldenbremse. Im Gegensatz zur Bundesregierung und einigen seiner Kollegen ist er kein Freund der schwarzen Null.

Bereits seit zwei Jahren findet im Mörike-Gymnasium, kurz Mögy, die Vortragsreihe "Querdenken ermöglychen" statt. Nun hat sich in die illustre Runde der Referenten, die sich sowohl aus Persönlichkeiten der freien Wirtschaft, als auch aus der Welt der Wissenschaften rekrutiert, ein polarisierender Star-Ökonom gesellt: Professor Peter Bofinger. Der 61-Jährige lehrt VWL an der Universität Würzburg und ist seit 2004 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage - im Volksmund die fünf Wirtschaftsweisen. "Herr Bofinger hat uns hier bereits im Bereich der Lehrerausbildung unterstützt", berichtet Ralf Engel, Lehrer für das Fach Wirtschaft. Der erneuten Einladung folgte dann eine Zusage.

Die schwäbische Hausfrau sei kein ökonomisches Modell für Deutschland, so lautete die These des Abends. Das Mörike-Gymnasium will mit Vorträgen dieser Art erreichen, dass Schüler der Oberstufe - abseits der gängigen Parolen und des öffentlichen Mainstreams - mündige Bürger werden. Die Reihe soll die Möglichkeit geben, sich bei politischen und gesellschaftlichen Debatten, reflektierte und eigenständigen Urteile zu bilden. Ganz nach diesem Motto denkt Bofinger quer. In Zeiten fehlender Investitionen, trotz niedriger Leitzinsen, will er, dass der Staat aktiv wird. Die Regierung, die meisten Medien und ein großer Teil der Bevölkerung sehe das anders, so der Ökonom. Die schwarze Null sei gefeiert worden wie ein "epochales Ereignis, wie die Mondlandung", dabei attestiert Bofinger der Bundesregierung, dass sie die "schwäbische Hausfrau" mit einem "schwäbischen Unternehmen" verwechsle. Diese würden Kredite aufnehmen, also Schulden machen und dann mit diesem Geld in die Zukunft investieren. Ganz ähnlich solle das der deutsche Staat auch machen. "Es gibt gute Schulden und schlechte Schulden", erklärt Bofinger. Kredite, die zum Konsum ausgegeben werden, seien schlecht. In Rezessionen solle der Staat allerdings als Stabilisator auftreten und investieren, was Unternehmen selbst bei mickrigen Zinsen, also fast kostenloser Geldleihe, momentan nicht tun würden. "Die Schuldenbremse ist pervers", schimpft Bofinger. Langfristig könne man durch Investitionen in öffentliche Gebäude und Infrastruktur dauerhaft für Konjunktur sorgen. Ganz im keynesianischen Sinn. Bofinger fordert den Bau von Schulen oder die Sanierung von Straßen.

Fragt sich nur, wie der Staat die Schulden wieder abbaut? Aber auch dafür hat der gebürtige Pforzheimer eine Lösung: "Der Staat lebt länger als wir". Er müsse seine Schulden nicht unbedingt wieder zurückführen. Außerdem sorge das Wachstum, welches durch die Investitionen entstehe, automatisch für eine Möglichkeit zur Tilgung.

"Herr Bofinger hat schwierige Zusammenhänge verständlich dargestellt, so dass auch weniger Informierte folgen konnten", fasste Ralf Engel am Ende zusammen.

NWZ vom 11.05.2015